Demographischer Wandel – Winterberg sieht ziemlich alt aus

Kiwittsmoor
Jugendliche im Freibad – in Winterberg fehlt beides (foto: zoom)

Mit der Überschrift “Demographischer Wandel – Winterberg hat kreisweit die meisten Senioren” erschreckte die Westfalenpost am 1. Oktober ihre Winterberger Leser.

IT-NRW hatte die Ergebnisse des Zensus von 2011 veröffentlich, wonach 23% der BewohnerInnen Winterbergs über 65 Jahre alt sind. Auf dem zweiten Platz liegt Meschede mit 21,5%, dicht gefolgt von Arnsberg und Medebach. Die ‚jüngste‘ Stadt im Hochsauerlandkreis ist Eslohe mit einem Senioren- Anteil von lediglich 19,2%, während spitzenmäßige 20,6% der ElsoherInnen zwischen 0 und 18 Jahre alt sind. Lediglich 16,6% der WinterbergerInnen finden sich in der jüngsten Gruppe. Die höchstgelegene Stadt NRWs sieht somit ziemlich alt aus.

Offensichtlich fühlen sich die Senioren und Seniorinnen in Winterberg pudelwohl. Nach dem Eintritt in den Ruhestand verlassen sie gern die Ruhrgebiets-Metropolen und ziehen in das beschauliche Winterberg. Alteingesessene Winterberger lieben das vertraute Leben in der Kernstadt oder den umliegenden Dörfern.

Leider treffen diese Aussagen nicht in gleichem Maße für Jugendliche und Familien mit Kindern zu. Jugendliche WinterbergInnen wandern ab, Familien kommen nicht in den Kurort am Kahlen Asten.

Woran das liegt? Vermutlich hängt es mit einem Mangel an attraktiven Arbeitsplätzen und/oder Ausbildungsstätten zusammen. Wenn diese fehlen, dann helfen auch keine günstigen Bodenpreise.

In einem Interview mit der WP schlägt der Vorsitzende des Arbeitskreises Initiative 60+ vor, Parkbänke aufzustellen und das Angebot an Toiletten auszuweiten.

Das Problem sind jedoch nicht die Senioren, das Problem ist der Mangel an jungen Menschen. Sie kommen, wenn sie im Sauerland qualifizierte Arbeitsplätze finden und sie bleiben, wenn sie hier willkommen sind.

13 Gedanken zu „Demographischer Wandel – Winterberg sieht ziemlich alt aus“

  1. Bitte Vorsicht bei der Intrepretation der Zensus-Ergebnisse!
    Verbindlich sind derzeit nur die Gesamt-Einwohnerzahlen der Gemeinden. Die Strukturdaten (z.B. Einwohner nach Altersgruppen) können sich noch ändern. Erst mit dem 2. Veröffentlichungstermin, der nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes voraussichtlich im März 2014 liegen wird, werden exakte Ergebnisse vorliegen.
    Trotzdem gibt es selbstverständlich erhebliche Unterschiede in der Altersstruktur. Einige Orte mit Kurort-Charakter, wie außer Winterberg z.B. Bad Sassendorf und (weit weg) Baden-Baden, haben schon seit langer Zeit eine hohe Anziehungskraft als Wohnsitz für Senioren.
    Auf der anderen Seite leider das Sauerland besonders unter der „Bildungs-Migration“, also dem Wegzug junger Menschen, die anderswo ihre Ausbildung fortsetzen. Dieses tatsächliche Problem wird statistisch noch dadurch verschärft, dass Studentinnen und Studenten seit 2011 teilweise doppelt (!) als Abgang verbucht werden, selbst wenn sie sich faktisch noch überwiegend im Sauerland aufhalten. Dazu demnächst mehr.

  2. Wieso hat die WP die Winterberger Leser erschreckt ? Die Anzahl Winterberger Bürger ist überschaubar, sie kennen sich untereinander und meistesn auch ihr Alter. Und sie wissen in der Regel auch, wo sich ihre Kinder und Enkel aufhalten. Wo sie lernen oder studieren und sich dann niederlassen. „Bildungs-Migration“ ist nett ausgedrückt. Was sollen junge Leute hier machen ? Sich in der Gastronomie- und Hotelbranche ausbeuten (das beginnt übrigens direkt mit der Ausbildung) lassen. Man schaue sich bei der IHK die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in Winterberg und Umgebung an (die haben Veröffentlichungen für soetwas) und man weiss Bescheid. Der sichtbare demographische Wandel in Winterberg wird nur kaschiert durch die Touristen – und das auch nur in der Ferienzeit.

  3. Nur keine Panik!

    Wie uns die Berliner Politschauspieler aus ihrem wohlsituierten Paralleluniversum heraus glauben machen wollen (zuvorderst fallen mir da die hochkompetenten Damen von der Leyen und die unter Zuarbeit des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags promovierte Schröder ein), ist die Demographiefalle problemlos durch Immigration der sowieso durchweg in MINT-Fächern hochqualifizierten jungen Menschen aus ost- und südeuropäischen Länder problemlos zu entschärfen.

    Wir Winterberger müssen nur ein wenig toleranter werden und unsere neuen Mitbürger mit offenen Armen aufnehmen!

  4. @nofretete
    Nach meinem Eindruck machen sich einige Winterberger durchaus Sorgen – und sei es ’nur‘ um ihre Haus- und Bodenpreise. Schließlich leben auch nicht alle Winterberger in der Kernstadt und einige Dörfer wirken schon heute mehr tot als lebendig.

    @Interessierter Bürger
    Bei so viel Ironie und Sarkasmus – wo ist denn da der Kern?

  5. @ Johanna:

    Einer der Kerne ist, dass sich Akademiker bzw. Berufsgruppen mit langen Ausbildungszeiten und nachfolgend befristeten, teils prekären Arbeitsverhältnissen und hunderte Kilometer weit entfernt lebenden Eltern/Schwiegereltern Kinder kaum noch erlauben können.

    Auf der anderen Seite öffnet man bildungsfernen Wirtschaftsflüchtlingen mittels Kindergeld das rentierliche Geschäftsmodell „Großfamilie“ und klopft sich dabei für demonstrierte gesellschaftliche Offenheit und Diversität auch noch auf die Brust.

    Um das Problem in einem platten Satz zu verdichten: „In Deutschland pflanzen sich nur noch die Dummen fort.“

    Eingedenk längerfristiger Auswirkungen solch verfehlter Politik darf sich wohl ein wenig Sarkasmus breit machen.

  6. @Interessierter Bürger

    Ich finde es völlig legitim, wenn Menschen in andere Regionen und Länder gehen, um ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Wir nehmen uns dieses Recht doch auch und arbeiten in Skandinavien, der Schweiz oder den USA. Nur bei den Anderen, da gefällt es uns nicht. Und wenn sie dann noch ohne akademischen Titel daherkommen, dann ist Schluss mit lustig.

    Übrigens klopfe ich mir nicht “dabei für demonstrierte gesellschaftliche Offenheit und Diversität (…) auf die Brust”. Schließlich bin ich selbst Wirtschaftsflüchtling und kenne die Schwierigkeit, in anderen Ländern oder Regionen Fuß zu fassen. Wer zusätzlich noch auf intolerante und bornierte Menschen stößt, ist doppelt gestraft.

  7. Ja, wenn sie sich Sorgen um Haus-und Bodenpreise machen, könnte es eh‘ schon zu spät sein. Man kann bekanntlich weder das Haus, noch den Boden, noch das erworbene Geld mit in das Grab nehmen.
    Genau aus diesem Grund wirken einige Dörfer schon so tot.

    @Interessierter Bürger: Es ist ein freises Land und auch deutsche Akademiker dürfen sich „fortpflanzen“. Ob dann wieder Akademiker „herauskommen“ liegt in Gottes Hand.

  8. @ nofretete:

    Es geht weder um Akademiker noch ihre Reproduktionsraten oder um hereditäres Akademikertum (obwohl die Präsumtion nahe liegt und die Inzidenz hoch sein dürfte), sondern um lange Ausbildungszeiten, konsekutiv prekäre Arbeitsverhältnisse, familienunfreundliche urbane Wohnsituationen und fehlende gesellschaftliche Unterstützung bei der Kindererziehung. Es ist eher zufällig ausgerechnet so, dass diese Merkmale bei Akademikern zumeist kumulativ vorliegen und insoweit in dieser Gesellschaftsschicht auffallend oft zu einem Gebärstreik führen.

    Davon abgesehen hat die Bildungspolitik der letzten Jahre zielgerichtet dafür gesorgt mittels der Verschulung von Universitäten, der Gleichstellung von Universitäten und Fachhochschulen etc. das Akademikertum buchstäblich auszurotten. Offenkundig hat die Obrigkeit erkannt, dass ihr gebildete, kritisch denkende Gesellschaftsschichten gefährlich werden können und betreibt eine entsprechend subtile Bildungspolitik. Inwiefern sich eine solche Entwicklung mit einem wie Sie formulieren „freien Land“ vereinbaren lassen ist mir nicht ersichtlich.

  9. @ Johanna:

    Weder in Skandinavien noch in der Schweiz oder den USA verfolgt man eine so hanebüchen prinzipienlose Einwanderungspolitik wie in Deutschland. Maßgebend sind dort die Bedarfe der Arbeitsmärkte, Sozialleistungen werden quasi nicht gewährt. Nur Deutschland geriert sich als Schlaraffenland für Wirtschaftsflüchtlinge.

    Sie sind übrigens kein Wirtschaftsflüchtling auf der Suche nach fremden Sozialleistungen. Sie sind vielmehr eigenverantwortlicher und Arbeitseinkommen optimierender Arbeitnehmer in einer globalisierten Arbeitswelt. Zwei völlig unterschiedliche paar Schuhe.

    Intoleranz und Borniertheit ist übrigens keine urdeutsche Eigenschaft. Schweizer und US-Amerikaner sind darin auch sehr begabt. Norweger und Kanadier sind mir allerdings leuchtendes Beispiel dafür, dass es auch anders geht.

  10. @Interessierter Bürger
    Ja, ich sehe sie förmlich vor mir, die zahlreichen ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘, die ihre Heimat verlassen, „auf der Suche nach fremden Sozialleistungen“. Und fündig werden sie in unserem deutschen Schlaraffenland.

    Aber keine Angst, nach Winterberg wird sich kaum ein ‚Wirtschaftsflüchtling‘ verirren, denn genußvoll und triebhaft wie sie nun mal sind, werden sie einen weiten Bogen um das kalte, katholische Örtchen im Hochsauerland machen. Ende gut, alles gut.

  11. @ Johanna:

    Sie sind wohl nicht oft in deutschen Großstädten, oder wie kann man die Entwicklungen der letzten Jahre einfach ignorieren: Pauperisierung, osteuropäische Tagelöhner an gewissen Straßen, abendlicher Andrang vor caritativen Einrichtungen?

    Dies bitte mal exemplarisch lesen und außerdem selber googeln:
    http://www.welt.de/politik/deutschland/article109578597/Per-Asylantrag-ins-deutsche-Sozialsystem.html

    Wenn ich mich recht an diverse Berichterstattungen erinnere stöhnen selbst die Städte im Hochsauerland über erhebliche Kostenbelastungen im Zusammenhang mit Migration. Recherchieren Sie aber bitte selbst, mir mangelt es an Zeit.
    Und den Vortrag zu den drohenden Deckungslücken in den Sozialsystemen erspare ich Ihnen, denn das könnte Sie traumatisieren.

    Dass die Wirtschaftsflüchtlinge wie Sie schreiben „genußvoll und triebhaft“ wären kann ich im übrigen nicht unterschreiben, das ist wohlgemerkt Ihre Aussage. Osteuropäer sind m.E. so nicht.

    So werden eher die kulturell und strukturell desolaten, nur über Währungsabwertung wettbewerbsfähig zu machenden südeuropäischen Länder beschrieben, die über diverse monetäre Umverteilungspumpen Rettungsgelder aus Nordeuropa erpressen. Zu diesem Behufe hat Draghi nicht zuletzt die Dicke Berta aufgefahren, offenbar vergessend, dass die Dicke Berta des Ersten Weltkriegs vor Lille im Schlamm stecken blieb.
    Die Dicke Berta unserer Zeit wird jedenfalls im Sumpf von Cantillon-Effekt, Geldumlaufgeschwindigkeit, Inflationserwartung und Vertrauensverlust stecken bleiben und unsere Sozialleistungen, die Sie heute noch in der ganzen Welt streuen wollen, mit in die Tiefe reißen.

    Spätestens dann werden sich Wirtschaftsflüchtlinge eine andere Destination suchen müssen. Oh, tatsächlich: Ende gut, alles gut!

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