Apropos Steinbrück: Wahrscheinlich darf nur eine Frau diese Kritik schreiben.

Teflon-Merkel  - unangreifbar? Nein, meint Frau Tu. (foto: chris)
Teflon-Merkel – unangreifbar? Nein, meint Frau Tu. (foto: chris)

Meine Google News Seite macht mich gerade stutzig. In einer Meldung ganz oben auf der Seite geht es laut Überschrift um Hohn und Spott für Steinbrück, direkt darunter um die Günstlingswirtschaft von Schwarz-Gelb, die ihre Parteifreunde mit guten Posten versorgen.

Wird das jetzt bis September 2013 so weitergehen? Die einen versuchen, Steinbrück runterzumachen, die anderen kritisieren Schwarz-Gelb? Wann geht es mal wieder um Politik an sich, um die Situation in diesem Land und auf dieser Welt? Haben wir sonst keine Sorgen? Anscheinend nicht.

Also gut, dann kann ich mich ja auch mal mit diesem Schlagwort  „Frauenbonus“ befassen. Warum reagieren viele höhnisch auf die Aussage, Frau Merkel habe einen Frauenbonus?

Liegt es etwa daran, dass man sie schon lange nicht mehr als Frau wahrnimmt? Vielleicht sollte man nicht über den Vorschlag das Gott“ diskutieren, sondern über „das Kanzler“ oder gar „das Merkel“. Frau Merkel scheint sich viel Mühe zu geben, eben nicht als Frau wahrgenommen zu werden.

Immer gleich wirkende Hosenanzüge -nur die Farbe variiert- dienen ihr als Uniform. Längst vergessen scheint der Auftritt in Oslo.

Und, seien wir ehrlich, auch beim jährlichen Schaulaufen bei den Festspielen in Bayreuth geht es kaum um Weiblichkeit. Auch über Angela Merkels Frisur, die früher manchmal noch Gesprächsthema war, haben wir lange nichts mehr gehört. Selbst über Barack Obamas Haare liest man öfter etwas. Und waren nicht auch die von Gerhard Schröder damals häufig Gesprächsthema?

In letzter Zeit wirkt sie immer mehr wie ein Roboter, Emotionen scheinen ihr fremd geworden zu sein, obwohl es doch heißt, Frauen seien emotionaler als Männer. Wann hat man zuletzt etwas über ihre Standpunkte in der Innenpolitik gehört? Einmal kurz vor dem CDU-Bundesparteitag, aber sonst?

Wie steht sie als Kanzlerin zum Betreuungsgeld, zu Altersarmut, zum Mindestlohn, zur Bildungspolitik etc.? Wann hat sie sich da zuletzt geäußert? Was wissen wir eigentlich über die politischen Standpunkte und Ansichten unserer Kanzlerin? Sie wird manchmal als „Mutti“ bezeichnet, aber erweckt sie eigentlich den Eindruck einer fürsorgenden Mutter?

Sie hat sich stilisiert: Merkel. Kanzlerin. Um sie herum eine Teflon-Schicht, und niemand traut sich so recht, sie zu kritisieren. Ein bisschen erinnert es an das Ende des Films „Elizabeth“. Auch sie hat sich stilisiert, um nicht mehr als Frau wahrgenommen zu werden; denn ansonsten hätte sie nicht ihre Macht wahren können. Alles, was Merkel sagt, ist vorher gut überlegt.

Eine spontane Äußerung von ihr, womöglich auch noch emotional? Darauf kann man lange warten. Sie legt großen Wert darauf, sich unangreifbar zu machen. Würde Weiblichkeit bei ihrer Politik auch nur durchschimmern, wäre dies ein Punkt, an dem Kritiker ansetzen könnten.

Ja, sie hat dennoch einen Frauenbonus, aber nicht den, an den viele zuerst denken, wenn sie dieses Wort hören. Es geht nicht um weibliche Reize, einen betörenden Augenaufschlag, ein herzerwärmendes Lächeln und emotionale Handlungen, sondern es geht darum, dass man einer Frau dieses Verhalten durchgehen lässt, dieses sich Stilisieren, keinen festen Standpunkt haben und alles aussitzen.

Bei einem Mann würde man sofort sagen, dass man ihm nicht traut, er sei zu aalglatt, man wisse ja gar nicht, wofür er stehe. Bei Merkel, Kanzlerin, wird bewundert, dass sie es auf diese Weise schafft, sich an der Spitze zu halten. Alles andere scheint egal.

7 Gedanken zu „Apropos Steinbrück: Wahrscheinlich darf nur eine Frau diese Kritik schreiben.“

  1. Bei der Einschätzung von Merkel folge ich Ihnen, denke aber, dass Steinbrück als Kandidat keine Chance hat, die Teflon-Schicht von Merkel ernsthaft anzukratzen. Es ist wirklich jammerschade, wie zur Zeit das soziale und demokratische Porzellan der SPD zerschlagen wird. Die Medien, immer noch verhaftet in der Anbetung des Neoliberalismus, machen gerne mit.

    Um Schwarz-Grün zu verhindern, könnte ein Linker eventuell noch die Kröte Steinbrück schlucken, aber die SPD wird mit ihm keinen Blumentopf gewinnen können.

    Ulrich Horn hat gerade ein paar Gedanken auf postvonhorn veröffentlicht:

    http://post-von-horn.de/2012/12/30/wahlkampf-fur-bessere-kanzler-besoldung/

  2. „Wahrscheinlich darf nur eine Frau diese Kritik schreiben.“ Das glaube ich auch; denn das Frauenbild, der Begriff von „Weiblichkeit“,… – einem männlichen Autoren würden „wahrscheinlich“ erneuerungsbedürftige Ansätze unterstellt werden.

  3. Unterscheidet sich Merkels Kanzlerschaft so deutlich vom Führungsstil eines Helmut Kohl? Er hat uns gelehrt, dass Aussitzen und Ignorieren politischer Inhalte zum rechten Erfolg führen kann.

    Gerhard Schröder nannte seine eigene Untätigkeit: ‚mit ruhiger Hand regieren‘, während DIE WELT von gestern die ‚Deutsche Gelassenheit‘ als Merkels Verdienst feiert.

    In der Auseinandersetzung mit Steinbrück hat Merkel durch ihren knappen Hinweis, sie halte ihr Gehalt für angemessen, mit wenigen Worten sicher mehr Sympathie erhalten, als der unglückliche Kanzlerkandidat der SPD mit seiner Kampagne in eigener Sache.

    So ist Merkels entrückte, unsichtbare und distanzierte Kanzlerschaft ein Zeichen der politischen Schwäche von Opposition und Medien, denen es nicht gelingt, zugespitzte politische Diskussionen zu initiieren.

  4. „Eine spontane Äußerung von ihr, womöglich auch noch emotional? Darauf kann man lange warten. Sie legt großen Wert darauf, sich unangreifbar zu machen.“

    Für Steinbrück gilt das Gegenteil, wobei ich vermute, dass seine Äußerungen eben nicht spontan sind, sondern seinen Überzeugungen entsprechen.

    Eine Frau könnte sich den Stil eines Peer Steinbrück in der Tat nicht erlauben. Eine Frau wäre schon längst erledigt (worden).

    Es spricht ansonsten nicht viel gegen Albrecht Müllers Überlegungen:

    „Ist die Todessehnsucht der SPD-Spitze unbegrenzt? Sie sollte Steinbrück trotz der Peinlichkeit eines Rückzugs wieder aus dem Verkehr ziehen.“

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=15569#more-15569

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