Gras wachsen hören I: Oversum Winterberg

Das Oversum in Winterberg (archiv: chris)
Das Oversum in Winterberg (archiv: zoom)

Seit bekannt werden des PPP Projekts „Oversum“ (vormals „Aquasphere„) in Winterberg stehen wir sowohl den Umständen der Projektplanung als auch der Berichterstattung in den Medien (Reklamezeitungen, Westfalenpost, Radio Sauerland) sehr kritisch gegenüber.

Unsere Kritik hat sich auf genau zwei Punkte konzentriert:

Zum einen haben wir mit ungläubigem Erstaunen die absolute Geheimhaltung der Verträge zwischen der Stadt Winterberg, dem Investor s.a.b. und allen weiteren Beteiligten zur Kenntnis genommen. Sämtliche Entscheidungen über das Projekt wurden in nichtöffentlichen Rats- und Ausschusssitzungen beschlossen.

Mehrere dieser Sitzungen waren so geheim, dass sie noch nicht einmal mit Termin im Sitzungskalender des Ratsinformationssystems der Stadt Winterberg auftauchten.

Die von den Bürgerinnnen und Bürgern gewählten Vertreter der Stadt Winterberg sind gewissermaßen vor der Öffentlichkeit abgetaucht.

Zum anderen haben es die Medien dieser Stadt zu keinem Zeitpunkt für nötig erachtet, Fragen zu formulieren, Fragen zu stellen und Fragen zu klären, zu recherchieren. Sie sind wie stets die zahnlosen Schoßhündchen der Politik und der Wirtschaftsinteressen Winterbergs.

Jetzt hören wir das Gras wachsen. In seiner Neujahrsansprache ging Bürgermeister Werner Eickler auch auf das „Thema: PPP und Gemeinschaftsprojekte“ ein.  Nach einer längeren Lobeshymne stoßen wir auf folgenden Satz:

„Meine Damen und Herren, hätten wir das Oversum (nur um nicht hier und da auch Kompromisse schließen zu müssen) ganz allein auf die Beine stellen wollen, dann hätten wir auch 35 Mio. € ganz allein bezahlen müssen. Sie wissen, dass das nicht ging. Also: Sollte er(sic!) ein oder andere mit dem ein oder anderen demnächst vielleicht nicht ganz zufrieden sein, wäre es gut, sich hieran zu erinnern.“

Fassen wir zusammen: Wir kennen die Verträge nicht, wir wissen nicht wie, wo und an wen Gelder geflossen sind und fließen werden, wir wissen nicht wie Gewährleistungen abgewickelt werden, wenn Subunternehmen oder gar der Investor Pleite gehen. Alles ist geheim.

„Sollte er ein oder andere mit dem ein oder anderen demnächst vielleicht nicht ganz zufrieden sein, wäre es gut, sich hieran zu erinnern.“

Hier versucht jemand, vorsichtig zurückzurudern. Wir sollen uns anscheinend auf schlechte Nachrichten einstellen.

Wird gemacht, Chef.

7 Gedanken zu „Gras wachsen hören I: Oversum Winterberg“

  1. @Marker: Vielen Dank für den Link. Das wenig rühmliche Engagement des Investors s.a.b. war mir bekannt. Die Winterberger Gemeinde-Politiker scheinen zu denken, dass sie alles richtig gemacht haben. Ich zweifele dies allerdings prinzipiell so lange an, bis die Verträge offen auf dem Tisch liegen.

  2. Auszug aus einer WDR5-Sendung (Quelle s. unten):

    Anfangs sind Investoren nett

    Einer, der große Zweifel an solchen Millionenprojekten hat, ist Werner Rügemer. Als wissenschaftlicher Berater der globalisierungskritischen Bewegung Attac kritisiert er schon lange das Konzept des „Private Public Partnership“: „Alle Beispiele sprechen dafür, dass das zu Lasten der öffentlichen Hand geht. Am Anfang sind die Investoren nett, weil sie weitere Projektaufträge bekommen wollen. Aber wir haben vielfache Erfahrung, dass es dann zu Nachforderungen kommt und Investoren behaupten, die anfänglich vereinbarte Miethöhe reiche nicht aus“, sagt er.

    Als Negativbeispiel führt Rügemer den Landkreis Offenbach an: Dort war die Sanierung aller 50 Schulen in die Hand von Hochtief und eines französischen Investors gegeben worden. Die jährlichen Kosten sind inzwischen von den einst veranschlagten 56 Millionen Euro auf über 70 Millionen Euro gestiegen. Das solle den Kommunen eine Lehre sein, warnt Werner Rügemer. Bei Schwimmbädern hat er in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass Betreiber und Investoren schon nach wenigen Jahren angeben, nicht mit der vereinbarten Miete auszukommen, weil die Besucherzahl geringer sei, als kalkuliert. „In aller Regel rechnen die Investoren die Zahlen schön, und fallen dann nach kurzer Zeit auf die Nase“, sagt er.

    Werner Rügemers Fazit: Public Private Partnership ist nicht das Modell, das die Finanzprobleme der Kommunen lösen kann. Viele klamme Städte und Gemeinden wollen sich davon aber nicht beirren lassen: Die Hoffnung stirbt offenbar zuletzt.

    Quelle: WDR5, „Public Private Partnership – die Lösung des Finanzproblems?“ http://www.wdr5.de/sendungen/morgenecho/serienuebersicht/klamme-kommunen/muenster.html

  3. @Marker: Ich bin sicher, dass, sobald die Bürger Winterbergs und des Hochsauerlandes in der Lage wären, die Unterlagen des Projekts einzusehen, sie in der Lage wären die Argumentation von Werner Rügemer zu verstehen. Aus diesem Grunde gibt es IMHO geheime Sitzungen und geheime Verträge, obwohl es diese eigentlich gar nicht geben dürfte, denn die Kommunalpolitiker sind vom Bürger gewählt worden und diesem rechenschaftspflichtig. Ergo darf es keine geheimen Sitzungen und keine geheimen Verträge geben – ein Sprengsatz,der in der Lage sein könnte die politischen Verhältnisse auch im Hochsauerland umzuwälzen.

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