Umleitung: Strahlenschutzgrenzwerte, Merkeldämmerung, Marihuana in Winterberg und mehr.

umleitungStrahlenschutzgrenzwerte für Lebensmittelimporte aus Japan dramatisch erhöht: Verbraucherschutz in Zeiten des atomaren Ausnahmezustands … nachdenkseiten

Die Merkeldämmerung: fällt aus. Kabinett Merkel Drei … ruhrbarone

NRW: Teurer Austritt bei „pro NRW“ … nrwrechtsaußen

Erdgasprobebohrungen: Kreise als Zünglein an der Waage … sbl

Marihuana-Plantage in Winterberg: ausgehoben. „Um die Anlage letztlich auch „wirtschaftlich“ betreiben zu können, hatten die Täter die energieintensive Plantage direkt vor dem Zähler mit dem Stromnetz verbunden und damit quasi auch den Strom gestohlen“ … derWesten

Ciudad Mexico: Eine Clavicula-Fraktur und die Erfahrungen mit dem mexikanischen Gesundheitssystem.

Trotz Krankenhaus und alledem gibt es einen sonnigen Frühling in Mexiko-Stadt
Trotz Krankenhaus und alledem gibt es einen sonnigen Frühling in Mexiko-Stadt

Dieser Artikel ist der 13. Teil einer persönlichen Serie über das Leben in Mexico-City. Heute wird klar, dass man auch in Mexico  dem Tod von der Schippe springen muss. Der Preis war für Marion zwar hoch, wird aber nicht unbezahlbar sein. Trotz alledem wünschen wir viel Spaß beim Lesen.

Hola a todos!

Voll vermullt. Das Schlüsselbein mit Edelstahlklammern zusammengeflickt.
Vermullt: das Schlüsselbein mit Edelstahlklammern wieder zusammengeflickt

Hätte man mich vor ein paar Wochen gefragt, was denn Clavicula sei, ich hätte es nicht gewusst. Wahlweise hätte ich zwischen einem Musikinstrument -ähnlich einer Ziehharmonika- oder dem Namen einer ostafrikanischen Musikgruppe, die auf dem Putumayo-Label vertreten ist, getippt. Doch weit gefehlt, denn Clavicula liegt mir viel näher als ich dachte. Es ist der lateinische Begriff für Schlüsselbein und wird ebenso im Spanischen benutzt.

Vor zwei Wochen waren Christopher und ich mit Besuch aus Deutschland auf dem Weg zu den grutas de tolantongo. Ein Naturreservat ca. 130 km nördlich von Mexiko-Stadt. Wie weit es genau weg ist, weiß ich leider nicht, denn wir kamen nicht dort an.

In der Finsternis
Es dämmerte bereits, als wir auf einer scheinbar gut ausgebauten Landstrasse mit ungefähr 80 km/h fuhren und innerhalb kürzester Zeit wurde es stockdunkel. Plötzlich ein kurzer Aufschrei: da ist was. Ich saß hinter dem Fahrer, spähte kurz in die Mitte und sah, dass mitten auf unserer Fahrbahn eine mehr als bordsteinkantehohe Betonbegrenzung unvermittelt die Strasse trennt. Kein Licht, kein Schild, nichts, was darauf hingewiesen hätte. Ich dachte nur: och, Christopher schafft das schon.

Und dann war es nicht nur draußen dunkel.

Nach dem Unfall
Als ich wieder zu mir kam, stand unser Wagen quer auf der Fahrbahn. Um uns herum viele Leute. Etwas benommen nahm ich wahr, dass ich meine rechte Hand nicht fühlte und instinktiv griff ich mir an die rechte Schulter. Dort, wo normalerweise ein Knochen ist, war ein Loch. Was ist mit den anderen? Was ist überhaupt passiert? Ich kletterte aus dem Wagen. Zum Glück konnte das Auto noch zur Seite gefahren werden, so dass nicht noch jemand in dieser Finsternis hinein fuhr. Aus reinem Aktionismus wechselte ein anwesender Mexikaner noch den linken Hinterreifen. Dann ging alles ganz schnell: ein Krankenwagen kam, die Polizei, ich wurde mit unserem Besuch zu einem Provinzkrankenhaus in die nächst größere Ortschaft gefahren, Christopher blieb mit der Polizei zurück.

Meine Erleichterung war groß, als ich erfuhr, dass die anderen drei mit Blessuren und einem Schrecken davon gekommen waren.

lt_marion1303
Kanülen und Einstiche. Am Ende blieben blaue Flecken.

Das Orts-Hospital
Nach dem Röntgen im Krankenhaus bekam ich auch die Gewissheit, dass meine Blessur etwas schwerwiegender war: das rechte Schlüsselbein war mehrfach gebrochen und müsste operiert werden. Nur: hier in Progreso, der kleinen Ortschaft –was ja auf Deutsch Fortschritt bedeutet- war das nicht möglich. Was vielleicht im Nachhinein auch Glück war: wenn auch das Personal sehr freundlich war, waren ihre Mittel doch sehr begrenzt. Von dem Versuch, mir in den linken Handrücken eine Kanüle zu verlegen, trage ich -auch zwei Wochen danach- eine flächendeckende grün-blaue Verfärbung dort. Von dem Örtchen selbst habe ich nicht mehr viel gesehen.

Die OP
Mein Besuch war in der Nacht in ein Hotel untergebracht worden, wo die Zimmertür sich nicht abschließen ließ und die Möglichkeit in dem Ort einen Kaffee zu kaufen, waren wohl mehr als begrenzt. Es gab wohl gar nichts. Am nächsten Morgen – nachdem man mich noch einmal mit Schmerzmitteln voll gepumpt hatte- wurde ich von Kollegen, mit denen wir ursprünglich zum Nationalpark fahren wollten (die waren dort angekommen, wussten aber auch sofort, wo unsere Unfallstelle war, denn ihnen wäre es dort fast genau so gegangen) abgeholt und in eine Privatklinik nach Mexiko-Stadt gebracht.

In einer dreistündigen OP wurde mir das Schlüsselbein mit Edelstahlklammern wieder zusammengeflickt. Auch über die anschließende Behandlung kann ich mich nicht beschweren. Doch nun kommt natürlich der Punkt, der das möglich gemacht hat: wenn ich in Deutschland nicht eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen hätte, wäre dabei locker mehrere Monatsgehälter von mir dabei draufgegangen. Denn mit dem staatlichen mexikanischen Gesundheitssystem wäre es mir bei weitem nicht so gut ergangen.

Das Gesundheitssystem
Und das bringt mich zum nächsten Punkt. Also, das staatliche mexikanische Gesundheitssystem hat staatliche Krankenhäuser, in dem sich jeder Arbeitnehmer krankschreiben lassen muss, wenn er weiter seinen Lohn beziehen möchte. Nun gut, kurz das Positive: das ist ja schon mal etwas für ein Schwellenland. Nur die Schikanen, die damit verbunden sind, werfen doch einen nicht geringen Schatten darauf.

Das IMSS
So saß ich in der letzten Woche lange in einem so genannten IMSS-Krankenhaus, um dann von der mir zugewiesenen Ärztin zu erfahren, dass meine Unterlagen nicht ausreichend seien. Doch damit nicht genug: ihre Zwischentöne gingen immer in die Richtung, warum ich gringa eigentlich ihr System missbrauche. Freundlich lächelnd ging ich über die Bemerkungen hinweg, irgendwie war mir nicht nach Ärger. Mit ihrem Zettelchen, auf dem sie mir notiert hatte, was mir denn noch so fehlte, ging ich zu meinem behandelnden Arzt. Dann wieder zur imss. Zwei Stunden Warten, dann wieder diese Ärztin, die wieder meinte, das sei unzureichend. Diesmal war noch eine weitere Ärztin im Zimmer, die darauf hinwies, ich müsse gar nicht in das Behandlungszimmer, sondern zur Verwaltung. Daraufhin platzte Christopher, der diesmal mit dabei war, was das denn diese Schikanen sollen. Ich hingegen ärgerte mich über mein Lammsein, wahrscheinlich täte es mir auch besser, ab und an solchen Leuten die Meinung ins Gesicht zu brüllen. Und mir nicht ständig Gedanken darüber zu machen, ob das nun rassistisch sei, nur weil das gegenüber eine andere Nationalität hat.
Kurzum: bislang ist immer noch offen, ob ich eine Lohnfortzahlung bekomme, auch kann mir niemand eine genaue Info geben, ob die denn 100% oder nur 70% beträgt.

Die Lehren
Ich kann nur sagen, der Behördenirrsinn hier kann sich locker mit dem deutschen messen. Jedoch muss ich leider auch anmerken, dass die Wahrscheinlichkeit in Deutschland auf eine unbeleuchtete bzw. nicht beschilderte plötzlich auftretende Fahrbahntrennung zu treffen, eher gering ist. Dafür aber wieder gelernt, was jeder Reiseführer sagt: nachts besser nicht auf Landstraßen unterwegs sein. Und immer anschnallen. Denn ich möchte mir nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn wir unangeschnallt gewesen wären.

Jedenfalls führte das in der letzten Woche schon einmal dazu, dass alle Taxifahrer sich, mit denen ich zu den diversen Krankenhäusern gefahren sind und nachdem ich ihnen meine Unfallgeschichte erzählt habe, angeschnallt haben.

Des weiteren bin ich momentan krankgeschrieben, was ich aber weniger bedauerlich finde. So bleibt viel Zeit zum Lesen.

Fukushima und das mexikanische AKW
Hier in Mexiko ist der Schock über die Katastrophen in Japan auch sehr groß. Besonders nachdem es zunächst hieß eine radioaktive Wolke könnte hierher ziehen. Doch seit einer Woche ist davon keine Rede mehr. In Veracruz, an der Ostküste, steht das einzige Atomkraftwerk des Landes. Als es gebaut wurde, gab es wohl Proteste, aber im Augenblick ist es ruhig. Auch wenn ich es nun nur aus der Ferne verfolgen kann, bin ich doch froh, welcher Widerstand gegen Atomkraft in Deutschland sich nun wieder bildet. Nur: wenn ich auf Frankreich und seine Atomkraftwerkdichte blicke, bleibt da ein Unbehagen.

Also, wenn ihr nicht gerade protestiert, wünsche ich euch einen nun hoffentlich warmen entspannten Frühlingsanfang.

Muchos saludos desde México,
Marion

Umleitung: Greenpeace präsentiert Messungen, Auskunftspflicht, Mormonen-Musical, langweilige Parteien, langweilige Lokalzeitung und mehr.

Blühendes Dortmund (foto: zoom)
Blühendes Dortmund (foto: zoom)

Greenpeace präsentiert Ergebnisse der unabhängigen Messungen um Fukushima: Einladung zur Pressekonferenz via Internet-Livestream … na

Auskunftspflicht des Bürgermeisters: “Der Presse Freiheit kann auch schmerzhaft sein.” … heddesheimblog

Mormonen-Musical am Broadway: Gottes Trottel … sueddeutsche

Parteien: Menschen, die sowohl ökologisch als auch sozial engagiert sind, haben heute keine politische Heimat … nachdenkseiten

Gemeindefinanzen: Kommunen warnen vor Steuersenkungen … doppelwacholder

Lesetipp: Islamfeindschaft als Türöffner … nrwrechtsaußen

Lokalzeitung: nur Langeweile im Internet. Vielleicht denken die, dass die Menschen dann aus Verzweiflung den Print kaufen. Beispiel? … WPWinterberg

Gorleben 1980. Als alles schon begonnen hatte und eigentlich schon hätte zu Ende sein müssen.

Befestigunsanlagen beim Bau von Gorleben. (foto: chris klein)
Befestigungsanlagen beim Bau von Gorleben im Oktober 1980. (foto: chris klein)

Ein Gesprächsprotokoll:

Wir sind mit unseren Lehrern dahin gefahren und wollten mit den Leuten vor Ort sprechen, ein Oberstufenprojekt. Es fand eine politische Versammlung statt.

Was gesagt wurde? Ich weiß es nicht mehr.

Die Menschen sollten beruhigt werden. Gorleben liegt an der Zonengrenze, bei Westwind weht doch alles in den Osten.

Der Bauplatz war verbarrikadiert, die Polizei war präsent, NATO-Stachelddraht.

Ich war nie für Atomkraftwerke, das ist sicher. Die Grünen? Gab es die da überhaupt schon so richtig?

Damals waren das doch die Bürgerinitiativen. Lüchow-Dannenberg. Diese Ecke war wirklich verschlafen, danach kam ja nichts mehr, nur noch der Osten.

Es soll eine Liste der möglichen Endlager für ganz Niedersachsen gegeben haben. Dieser Salzstock war zuerst nicht dabei.

Und plötzlich zog Albrecht „Gorleben“ aus der Tasche.

California here I come: Reisebericht Teil III – Yosemite Valley

Half Dome-Fels (foto: weber)
Half Dome-Fels (foto: weber)

Yosemite Valley ist einer der berühmtesten Nationalparks der USA, den ein jeder mitnehmen muss, und doch hatte er für mich einen Sauerlandeinschlag, da Schnee lag und es regnete, sodass bald schon nach der ersten Wanderung zum Half Dome am Mirror Lake meine Schuhe durchgeweicht waren.

Schiefergrau und weiß – was ja im Sauerland wegen der gleichgeeichten Baugenehmigung, damals um den heimischen Schieferabsatz zu protektionieren, heute um konform zu bauen, das Auge in den langen Sauerländer Wintermonaten so sehr beleidigt und quält – also weiß und schiefergrau ist der Farbton, der durch die Nebelschwaden immerhin milchig gedämpft wird.

Die Landschaft ist herb, wenngleich die Felsformationen nicht wuchtig und übermächtig daherkommen, sondern vergleichsweise noch recht handlich beim El Capitán. Vom Upper Fall hat man einen sehr schönen Ausblick ins Tal, das sich in die ehemaligen Gletscher hineingefräßt hat. Beim serpentinartig sich schlängenden Aufstieg erwartet man wie im Film den Braunbären um die Ecke tapsen.

Yosemite Valley
Yosemite Valley

 

Umleitung: Einfach mal lesen. Von Jesus bis Brilon.

wasistdas20110328
Fotografen-Alzheimer: Was habe ich da nur fotografiert? (foto: zoom)

So ist das mit dem vielen Fotografieren: Ich weiß partout nicht mehr, welche Pflanze und welches Insekt ich gestern wo und warum abgelichtet habe.  Es reicht der Hinweis zur … Pflanzen- und Insektenart.

Jesusbild: Lügen in der Bibel? … hpd

Die neun Gemeinplätze des Atomfreunds: „Jahrzehnte der Atomkraft-Debatte haben die Sprache manipuliert. Die Sätze, die wir während des Moratoriums hören, sind Ablenkungsmanöver. Sie formulieren Thesen, die keine sind, und beleidigen die öffentliche Vernunft. Eine Analyse der wichtigsten Versatzstücke.“ … faz

Friedrich Dürrenmatt: “21 Punkte zu den Physikern” … ruhrbarone

Rot-Grün hat gewonnen: einen Haufen Probleme … heddesheimblog

Grüne: die neue Volkspartei, die keine ist … nachdenkseiten

Elternbrief gegen Dortmunder Straßenstrich: „Es besteht kein Anspruch, dass unsere Stadt eine Infrastruktur zur Straßenprostitution für angrenzende Städte und das Sauerland bereitstellt“ … ruhrbarone

Hagen: Netzpolitik – das gute und das böse Internet? … doppelwacholder

Bestwig und Co: Strom aus dem Rathaus … wdr

Briloner Bürgerliste und SPD Brilon: rufen gemeinsam zur Mahnwache gegen Atomkraft … sbl

Wahlen in Süddeutschland: erstens kommt es wie gedacht und dann doch wieder anders.

Die Mosel und die Wahlen. Rheinland-Pfalz für Durchblicker. (foto: zoom)
Die Mosel und die Wahlen. Rheinland-Pfalz für Durchblicker. (foto: zoom)

Die Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sind gelaufen. Verloren hat die CDU in Baden-Württemberg, die FDP überall, die SPD ebenfalls und nicht beachtet wurde die Linke. Tages-und Trendsieger sind die Grünen.

Obwohl in Baden-Württemberg die prozentualen Werte eindeutig gegen Mappus sprechen, könnte es sein, dass er trotzdem Morgen früh wegen der Überhangmandate aus den Wahlkreisen knapp die CDU-FDP Koalition behauptet.

Allerlei Überraschungen sind noch drin: Welche Köpfe werden rollen, welche Koalitionen werden wirklich gebildet?

In Rheinland-Pfalz ist neben Rot-Grün eine Koalition zwischen der ehemaligen Weinkönigin Julia Klöckner und den Grünen gegen den skandalbewehrten Kurt Beck möglich. Immerhin ist Klöckner dem SPD-Problembären Beck dicht auf die Pelle gerückt.

Es könnte sich rächen, dass die SPD in der Post-Schröder-Clement Ära noch kein zuverlässiges Profil gefunden hat. In einer kleinen Facebook Diskussion mit der SPD Meschede habe ich dazu Folgendes geschrieben:

„Meine (Sub-)These ist ja, dass der Egomane Fischer den Grünen nicht geschadet hat, Basta-Schröder und der neoliberale Clement der SPD hingegen immer noch anhängt. Was meint ihr?

Zu den Grünen ebendort:

„Die Grünen sind die neue FDP, sie repräsentieren all das, was die alte FDP im guten Sinne(70er Jahre – lange her) war, plus die breite Strömung der Ökologie-Bewegung. Die Mittelschichten, die damals FDP gewählt hatten, gibt es so nicht mehr. Das, was die FDP früher auch vertrat, individuelle Freiheiten und Bürgerrechte, vertreten heute die Grünen, die FDP hingegen ist im marktwirtschaftlichen Neoliberalismus verkommen.“

Dabei sehe ich die Rolle der Grünen eher unterkühlt, denn:

„Oh, in der Regierungsverantwortung waren sie mit Schröder. In Hamburg haben die Grünen kläglich versagt. Heute hat es ihnen nicht geschadet, aber Christa Goetsch wird ihnen nicht verziehen. Es gibt neben dem Zeitgeist auch noch ein politisches Unterbewusstsein 😉

Mein Bauchgefühl sagt mir, dass die SPD, die FDP und die Linke in NRW alles daran setzen werden, Neuwahlen vor den Sommerferien zu verhindern.

Aber wie gesagt bzw. geschrieben:

Erstens kommt es anders, zweitens als gedacht 😉

Meschede und eine „undemokratische“ Petition. Der Bürgermeister ist empört (Wir auch!). Eine Sonntagssatire.

In unserem BriefkastenBürgermeister von Meschede ist empört (Wir auch!)

Woher wir das (vom Bürgermeister) wissen: Na klar, aus der heimischen Tageszeitung!

Der Anlass der Empörung:
Die Petition einer Bürgerinitiative aus Meschede (angeblich die erste in der langen Geschichte Meschedes)

Ein Hauptärgernis: Der Schlichter

Der Sachverhalt in groben Zügen:
In Meschede soll das Gewerbegebiet Enste-Nord entstehen. Der Stadtrat segnete das Vorhaben 2009 ab. Bürgerinnen und Bürger aus Meschede-Enste fühlen sich bei der Planung des Gewerbegebietes übergangen. Sie stellten im März 2010 einen Petitionsantrag beim Landtag. Aus der WP (Artikel vom 22.03.2011) erfahren wir, der Pressesprecher der Stadt Meschede hätte gesagt, das sei in einem Bauleitverfahren erst seit Stuttgart 21 möglich!

Der Schlichtungstermin war vor ein paar Tagen. Zitat aus der WP (vom 22.03.2011): Das Gremium kam zum Entschluss, dass juristisch alles korrekt abgelaufen sei. „Jedoch hat uns ein Abgeordneter gesagt, dass nicht richtig mit uns umgegangen wurde.“

Was positiv auffällt: Die WP informiert am 22.03.2011 strukturiert und neutral über Petition und Schlichtung.

Laut WP-Artikel (vom 26.03.2011) erhielten Petenten und Stadt eine Antwort des Petitionsausschusses. Aus dem Schreiben gehe hervor, die Stadt Meschede hätte im Verfahren Enste-Nord rechtlich einwandfrei gearbeitet. In einem weiteren Absatz sei den Parteien jedoch geraten worden, sich um einen von beiden Seiten akzeptierten Schlichter zu bemühen.

Die WP nennt den Namen des Schlichters: Es ist der Landtagsabgeordnete Gordon Dudas, ein SPD-Mitglied aus dem Märkischen Kreis.

Im Gegensatz zum Bericht vom 22.03. erscheint der WP-Artikel vom 26.03. tendenziös.
Dem Leser wird klar gemacht: Der Bürgermeister hat Recht! Petition und Schlichtung waren überflüssig! Der Schlichter bemüßigt sich falscher Gepflogenheiten! Denn schließlich handelt es sich um eine (unwiderrufliche) Entscheidung des Stadtrates, und, Zitat (mit Zitat des Bürgermeisters): „Was gibt es da noch zu schlichten?  Hierbei handelt es sich um eine Entscheidung des Mescheder Stadtrates. Was ist so eine Entscheidung denn noch wert, wenn jetzt jemand kommt und meint, das wieder aufrollen zu müssen. Pikanterweise soll es sich um einen Alleingang Dudas‘ gehandelt haben. Ohne Absprache mit dem Petitionsausschuss habe er den Satz eingefügt: „Seit Stuttgart 21 gibt es eben eine andere Form von Bürgerbeteiligung“, sagt Hess. Er vermutet, dass der zeitliche Abstand zwischen den eskalierten Bürgerprotesten in Stuttgart und dem Brief aus Düsseldorf kein Zufall war.“

Auch interessant: Der Kommentar der WP zum eigenen Bericht.

Er trägt die Überschrift:
„Keine Hoffnungen wecken“

Die Kommentatorin teilt mit, es wäre nicht in Ordnung, wenn ein Mitglied des Petitionsausschusses suggeriert, dass an einem Ratsbeschluss noch etwas zu rütteln sei. Sie schreibt weiter von dem Ratsbeschluss aus dem Jahr 2009, der von gewählten Vertretern des Volkes und nach den Prinzipien einer parlamentarischen Demokratie usw. usw. ….

Und was will man/Frau uns armen Bürgerlein damit sagen?

Etwa das:
Empörung, die gebührt bestenfalls einem Bürgermeister, nicht dem Volke?

Oder:
Die Presse ist nur so lange frei, so lange der Bürgermeister sich nicht (über dieselbige und/oder andere) empört?

Oder auch:
Ihr lästigen Mescheder Bevölkerungsinitiativen, kommt ja nicht auf die Idee, noch eine Petition zu stellen. Ihr werdet hoffnungslos scheitern?

Petitionen gibt es doch nur bei Wikipedia und nicht im wahren Leben?

Dazu passend:
Alle demokratischen Rechte liegen (fast nur) beim Bürgermeister und (nachgelagert) bei den demokratisch gewählten Vertretern des Volkes?

Und:
Traue keinem Abgeordneten der nicht von der größten Sauerländer Volkspartei gestellt ist?

Wem fällt noch was ein?

Vielleicht:
Niemand hat vor, eine Mauer zu bauen ….
Die Rente ist sicher ….
Deutsche Atommeiler auch …
Das Wasser ist nass und die Banane krumm ….

Umleitung: gescheiterter Kirchenaustritt, Super-Gau, Happy Birthday Richard Dawkins, linke Sprache, Reichtumsuhr, empörte Neonazis in Unna und mehr.

Moospflanzen auf dem Kahlenberg. (foto: zoom)
Moospflanzen auf dem Kahlenberg. (foto: zoom)

Herford: Kirchenaustritt scheitert an 30 Euro … nw-news

Super-GAU: in der Endlosschleife … ruhrbarone

Happy Birthday, Richard Dawkins: Today is the man’s 70th birthday — I didn’t see a thread of well-wishers on the RDF sitepharyngula

Drei Gründe, warum die Linken eine neue Sprache brauchen: „Möglichst in drei kurzen Absätzen solle ich erklären, warum die Linken heutzutage eine Kommunikationsproblem haben – das wünschten sich die Zeitungsmacher von der Linken Medienakademie in Berlin von mir. Here it is!“ … misik

Dortmund: Die Nordstadt und die Null-Toleranz-Strategie … ruhrbarone

Reichtumsuhr: Wachsende Schulden nur eine Seite der Medaille. Der DGB in Hagen und andere Institutionen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass es dringend nötig wäre, der Schuldenuhr durch eine Reichtumsuhr die andere Seite der Medaille entgegen zu stellen. Jetzt hat der DGB in Hessen eine Reichtumsuhr ins Netz gestellt … doppelwacholder

Unna: Neonazis schwer empört – Der Föhrer soll herabgewürdigt werden … nrwrechtsaußen

Baden-Württemberg: Spitz auf Kopf … WirInNRW

Exhibitionist in Winterberg: Am Donnerstagnachmittag wurden zwei junge Frauen beim Joggen durch ein Waldstück am Hesborner Weg von einem Exhibitionisten belästigt. Die männliche Person zeigte sich den Damen mit heruntergelassener Hose. Er kann wie folgt beschrieben werden: Ca. 18-20 Jahre alt, ca. 175 cm groß, schlanke Figur, bekleidet mit einer dunklen Jacke, einer Fellkapuze und einer dunklen Jogginghose mit grünen Streifen. Hinweise zu dem Exhibitionisten nimmt die Polizei in Winterberg, Tel.: 02981/90200 entgegen … polizeibericht

Was werden uns Leserreporter und Bürgerjournalisten bescheren? Eine Mahnung aus der Geschichte.

Artikel im neuen Freitag: Leserreporter für die Nazis. (foto: zoom)
Artikel im neuen Freitag: Leserreporter für die Nazis. (foto: zoom)

Jetzt suchen sie wieder Leserreporter, Bürgerjournalisten und überhaupt irgendwen, der ihnen die Spalten und den Themenblock füllt. Ariane Huffington hat mit Umsonst-Bloggern ein Vermögen erwirtschaftet und es beim Verkauf ihrer Huffington Post realisiert. Die Bild saugt wie stets aus dem Schlamm und die lokalen Reklameblätter wollen das Internet nutzen, um mitteilungsbedürftige Menschen für ihren Niedrig-Standard Journalismus auszupressen.

Der Bürgerjournalist ist eigentlich eine alte Geschichte. In den seligen Print-Zeiten haben schon stets Leserreporter die weißen Spalten der Lokalzeitungen gefüllt. Ach was, sie tun es auch heute noch, besteht doch eine Lokalseite neben redaktionellen Beiträgen aus Pressemeldungen, Public-Relationsbeiträgen, Zusendungen der Vereinspressewarte und Zuarbeit von sogenannten freien Mitarbeitern.

Durch die Digitalisierung ist es inzwischen ein Kinderspiel, Bilder und Text zentral in einer Redaktion zu sammeln, zu sichten und zu veröffentlichen.

Der Ramsch auf Papier, gefüllt mit Werbeprospekten, verlagert sich nun immer mehr ins Internet. Längst breitet sich dort der „MyHeimat“ Schrott mit rasender Geschwindigkeit aus.

Qualitativ ansprechende Blogs werden zu einer Minderheit oder lösen sich in der betörend-giftigen Facebook-Soße auf. Die Verlinkung unter progressiven Gleichgesinnten weicht dem „Gefällt-mir“- Button.

Die Verlage wollen Profit sehen und pressen die Lokal-Redaktionen aus. Bei gewerkschaftlichen Gehaltsverhandlungen geht es schon lange nicht mehr darum, ob die Redakteure der Tageszeitungen einen Inflationsausgleich erhalten. Es geht darum, ob ihre Bezüge um 20 oder 25 Prozent gekürzt werden und ob sie 40, 50 oder 60 Stunden die Woche arbeiten.

Der Leserreporter, der Bürgerjournalist, ist, angesichts einbrechender Abonnementen-Zahlen im Print und nicht realisierter Gewinne im Netz, die Hure, die die Beine breit macht, um das System des verlogenen Journalismus nicht nur zu retten, sondern pestartig auf das Internet auszudehnen.

Der Bürgerjournalist ist der geborene Feind des Bloggers.

Im heutigen Freitag ist ein Artikel von Jens-Christian Wagner erschienen*. Wagner ist Leiter der Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Sein Beitrag trägt die Überschrift „1933 Hetze zum Mitmachen“.  Die Unterzeile lautet:

„Das antisemitische Schmierblatt „Der Stürmer“ war während der NS-Diktatur Zentralorgan des öffentlichen Denunziantentums. Tausende von „Leserreportern“ legten sich dafür ins Zeug.“

Ich empfehle dringendst: lesen! Der Artikel ist einer der besten im aktuellen Freitag. Er wirft ein grelles Licht auf das Konzept des Bürgerbloggers.

Schlussbemerkung I: Den Anstoß zu diesem Eintrag bekam ich durch die Betrachtungen des Wiemeringhausers zur hochsauerländischen Medienlandschaft. Die Zuspitzung dient dazu, das Problem hervorzuheben, nicht, einzelne Journalisten zu denunzieren.

* Leider habe ich den Artikel online noch nicht gefunden. Für Hinweise  bin ich dankbar. So jetzt ist er verlinkt 🙂