Wirtschaftspolitik auf falschen Bahnen: Austerität wider die Vernunft

„Nobelpreisträger rechnen mit Merkel ab“, heißt es aktuell in einem Artikel der heutigen Ausgabe der „Welt“. Bei ihrem Treffen in Lindau hätten die Wirtschafts-Nobelpreisträger Kanzlerin Angela Merkel heftig kritisiert. Die von Merkel verordnete Sparpolitik habe weitreichende negative Folgen für die Euro-Zone. „Staatschuldenkrise und Sparpolitik“ werden auch im  hier publizierten Referat von David Rüschenschmidt aufgegriffen. Unser Autor beschäftigt sich schon seit Längerem mit den Begründungen und Folgen der sogenannten Austeritätspolitik.

Austerität wider die Vernunft

Inhalt
1. Einleitung
2. Die umgedeutete „Staatsschuldenkrise“
3. Die wirtschaftswissenschaftliche Fundierung der Austerität und deren Falsifikation
3.1 Austerität in der Theorie und die „magische“ Schuldenobergrenze
3.2 Die Höhe des Fiskalmultiplikators
4. Austerität als politisches Projekt?
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
7. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
Der vorliegende Text ist die ausgearbeitete Version eines Referats, das ich am 24. Juni 2014 im Rahmen des Seminars „Ökonomische Krise und sozialer Wandel seit 1970“ am Institut für Soziologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster gehalten habe.

Hinter uns liegt eine Banken- und Finanzkrise, die seit 2007 im amerikanischen Raum entstand und sich zu einer weltweiten Wirtschafts- und „Staatsschuldenkrise“ ausweitete. Im Zuge dieser Krise setzte sich in weiten Teilen Europas ab etwa 2010 eine unter anderem von der deutschen Bundesregierung und der europäischen Kommission propagierte Austeritätspolitik durch. Diese wurde als logische Konsequenz von vermeintlichen Sachzwängen dargestellt, verbunden mit einer moralisierenden Gegenüberstellung von den „guten“ sparenden Ländern Nordeuropas, vor allem Deutschland, gegenüber den „schlechten“ Südländern.

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Die Wirtschaft als „Achillesferse“? Makroökonomische Problemstellungen der Regierung Brandt

Vorbemerkung: In der einschlägigen Literatur wird Willy Brandt oft als innen- und vor allem wirtschaftspolitisch „wenig talentiert“ dargestellt, selbst von Historikern und Schreibern, die ihm eigentlich wohlgesonnen waren – Gregor Schöllgen oder Peter Merseburger. Da ich meine Bachelor-Arbeit über Willy Brandt demnächst vor einem wissenschaftlichen und historisch interessierten Publikum am 14. Mai um 19 Uhr im Geschichtsort Villa ten Hompel in Münster vorstelle, habe ich als Anreiz die folgende vereinfachte Zusammenfassung erstellt.

Die Wirtschaft als „Achillesferse“? Makroökonomische Problemstellungen der Regierung Brandt

Brand und Guillaume
Brandt und der Leiter der Landespolizeischule Hann. Münden Hankeln. Am linken Bildrand Günter Guillaume. (foto: beuermann)

Vierzig Jahre ist es nun her, dass Willy Brandt, veranlasst durch die Guillaume-Affäre, seinen Rücktritt erklärte. Vorausgegangen war eine Phase der Erosion seiner Autorität und Anerkennung, die durch verschiedenste Komponenten beeinflusst war und eher als die Guillaume-Affäre allein als ursächlich für Brandts Rücktritt gelten kann.[1]

Zu den Problemen, die Willy Brandt und sein Kabinett belasteten, gehörten die extrem hohe Erwartungshaltung der Bevölkerung und daraus resultierende Enttäuschungen, Differenzen zwischen Parteiflügeln und innerhalb der Regierung, Brandts bisweilen zaghafter Regierungsstil sowie gesundheitliche und psychische Probleme.

Hinzu kamen Problemstellungen im makroökonomischen und wirtschaftspolitischen Bereich, die von manchen Historikern und Brandt-Biographen, darunter Gregor Schöllgen und Peter Merseburger, als ursächlich für die Machterosion Brandts und die Schwierigkeiten im Kabinett angesehen werden. So schrieb Wolther von Kieseritzky, die Wirtschaft sei die „Achillesferse“ der Regierung Brandt gewesen.[2] Eine Einschätzung, die sich auch in vielen Publikationen wiederfindet, die anlässlich Brandts 100. Geburtstages im vergangenen Jahr erschienen sind. Es hat sich das Bild von Brandt als „Außenkanzler“ manifestiert, der für Innenpolitik und vor allem Wirtschaftspolitik nichts übrig gehabt habe und auf diesem Feld auch weniger fähig gewesen sei. Im Folgenden soll nun untersucht werden, ob dieses Bild einer genaueren Untersuchung standhält und inwiefern die Wirtschaft tatsächlich ein problematisches Feld für die Regierung Brandt dargestellt hat. „Die Wirtschaft als „Achillesferse“? Makroökonomische Problemstellungen der Regierung Brandt“ weiterlesen