Nicht wirklich gefunden ;-) – eher nicht!

nicht wirklich gelungen
… nicht wirklich gelungen …

Nachdem heute morgen im Deutschlandradio Kultur eine Moderatorin die Redewendung „nicht wirklich“ in ihrem Beitrag ausgesprochen hatte und am Abend bei der Wiederholung von Scala auf WDR5 „nicht wirklich“ aus dem Munde des Radiojournalisten geschlüpft war, dachte ich bei mir:

Es wird Zeit von deinem hohen Ross hinunterzusteigen.

Ich habe nachgeschaut und mir zwei Erklärungen durchgelesen. Die erste bei der Gesellschaft für deutsche Sprache und die zweite im Bremer Sprachblog.

Bei der Gesellschaft für deutsche Sprache heißt es (Hervorhebungen von mir):

Eine genaue Ursprungszuordnung, womöglich aufgrund eines bekannten Zitats, können wir nicht vornehmen, aber es gibt etliche plausible Hinweise darauf, dass hier der englische Ausdruck not really zugrunde liegt. In diesem Sinne spricht sich Eike Schönfeld in seinem Wörterbuch des Neudeutschen: alles easy aus (München: Beck 1995). Der Autor ist Anglist und Übersetzer – so wird er aufgrund eigener Sprachkompetenz die Sachlage gut beurteilen können.

Sieht man nun in aktuelle englische bzw. zweisprachige Nachschlagewerke, so wird diese These gestützt. In Langenscheidts Millenium-Wörterbuch Englisch (2000) wird not really mit ›eigentlich nicht‹ aufgeführt, und triftig erscheint mir der Eintrag bei Longman: Dictionary of Contemporary English (Harlow 2003), wo es unter not really heißt: »used to say ›no‹ or ›not‹ in a less strong way: ›Do you want to come along?‹ ›Not really.‹«

Und in genau dieser Weise, wenn ich mich nicht täusche, wird nicht wirklich – heute – auch im Deutschen gebraucht. »War das Konzert schön?« – »Nicht wirklich.« Die Bedeutung wäre mit ›eher nicht‹, ›nicht so sehr‹, ›eigentlich nicht‹ zu umschreiben. Die herkömmliche Antwort nein wäre eindeutig und strikt, und die Formulierung wirklich nicht brächte indessen ja etwas ganz anderes zum Ausdruck. Die Wendung nicht wirklich bringt also Nuancen zum Vorschein – wobei es mit den angestammten Ausdrücken eher nicht und eigentlich nicht gewiss sein Bewenden hätte. … zum Originalartikel.

Der Artikel im Bremer Sprachblog ist bei Weitem der amüsantere von den beiden und daher überlasse ich es dem Leser oder der Leserin komplett auf den hier verlinkten Artikel zu wechseln und sich fortzubilden 🙂

Bis dann, irgendwann 😉

Winterberg: Lehrer und Schüler frieren seit Wochen

Gymnasium Winterberg: Heizung kaputt?
Gymnasium Winterberg: Heizung kaputt?

Seit Wochen frieren LehrerInnen und SchülerInnen in den Räumen, Gängen und Hallen des Geschwister-Scholl-Gymnasiums in Winterberg. Eine Besserung ist nicht in Sicht. Die Heizungsanlage funktioniert nicht, niemand scheint den Grund zu kennen und dem Schulleiter „sind die Hände gebunden“ (siehe dazu im verlinkten WP-Artikel und auch unten in meinem Kommentar).

Die Lokalredakteurin der Westfalenpost hat sich vor kurzem aufgemacht, um die Situation vor Ort zu erkunden:

„…Winterberg. Wenn es draußen kalt ist, ist das bisweilen schon unangenehm. Doch wenn es im Klassenraum oder in der Turnhalle nur neun Grad „warm” ist, fällt das schon in die Kategorie „besondere Ärgernisse”. So gesehen und gefühlt im Geschwister-Scholl-Gymnasium in Winterberg.

Hier plagen sich Schüler und Lehrer mit den Tücken einer widerspenstigen Heizung.

Da hatte man doch gedacht, mit dem Totalausfall der Heizungsanlage nach den Weihnachtsferien sei die Schule in Sachen Fröstelei genug gestraft gewesen. Doch mit einem Tag „Kältefrei” ab der fünften Stunde war es nicht getan. So richtig will sich die Heizung bis heute nicht berappeln. Mal läuft sie normal, mal so gut wie gar nicht. Dann heißt es: frieren! … weiter im Original.

Der Artikel ist prima, lebendig geschrieben und alles wäre gut, gäbe es da nicht diesen vorletzten Absatz (Hervorhebungen von mir):

Schulleiter Franz-Rudolf Weber weiß um die schwierige Situation, doch ihm sind die Hände gebunden. „Wir stehen in direktem Kontakt mit der zuständigen Firma, die die Ursache für die Störung bisher nicht finden konnte”, betont der Schulleiter. Eins stehe aber fest: Neben der momentanen Störung stelle die Fassade ein Problem dar. „Besonders in Räumen mit zwei Außenwänden ist es kalt.” Dennoch betont Weber, dass die Stadt alles tue, um die Situation zu verbessern. Das wurde auf Anfrage der WP von Seiten der Stadt bestätigt.

Dieser Absatz hat mich verstört.

Ich will doch hoffen, dass der Schulleiter „um die schwierige Situation“ weiß, dass seine Heizung nicht funktioniert und die Hütte kalt ist, aber aus welchem Grund „sind ihm die Hände gebunden“? Das ist eine hohle Phrase. Wer oder was bindet ihm den die Hände? Das möchte ich als Leser wissen!

Und weiter geht es. Wie sieht der direkte Kontakt mit der Firma aus? Standleitung, Rauchzeichen, Trommeln, Boten, die hin und her laufen? „Hallo, hallo, es ist immer noch kalt! Wie keine Ahnung? Ja, Danke!“

Wie heißt die Firma, die die Ursache seit Wochen nicht finden kann? Wenn bei mir einen einzigen Tag die Heizung ausfällt, gehe ich die Wände hoch. Und hier: seit Wochen keine Ahnung?

„dass die Stadt alles tue“: Ja, was tut sie denn? Welch eine Worthülse – dieses „alles“.

Als Krönung dann der letzte Satz: „Das wurde auf Anfrage der WP von Seiten der Stadt bestätigt.“

Was wurde von Seiten der Stadt bestätigt. Was? Von wem?

WP: „Hallo hier WP. Tun Sie alles, damit es im Gymnasium wieder warm wird?“

von Seiten der Stadt: „Ja, wir tun alles.“

WP: „Danke, wir werden es unseren Leserinnen und Lesern berichten.“

von Seiten der Stadt: „Auch danke.“

WP: „Tschüs“

von Seiten der Stadt: „Auch tschüs.“

Wie gesagt: 80 Prozent des Artikels sind gut, aber dann diese verpasste Chance.

von meiner Seite: „Auch tschüs.“

Bertrand Russell vor 38 Jahren gestorben

Bertrand Russel, A History of Western Philosophy, 1945

Am 2. Februar 1970 ist Bertrand Russell 97-jährig in Penrhyndeudraeth, Wales gestorben.

Ab und zu habe ich die Geschichte der westlichen Philosophie(1945) in der Hand gehabt und manchmal längere Kapitel, aber auch öfter kreuz und quer kürzere Abschnitte gelesen.

Mein Tipp:

Das Buch ein paar Wochen auf den Nachttisch legen und lesen, was gerade gefällt. Russell war ein scharfer, logischer Denker. Es macht auch 64 Jahre nach Erscheinen des Buches Spaß, sich mit Russells Gedanken auseinanderzusetzen.

Als Beifutter zur aktuellen „Papst-Debatte“, empfehle ich das schmale Bändchen „Warum ich kein Christ bin“ (1927, erweitert 1957).

Zu Person und Werk hier ein bisschen auf Englisch. Schadet nix in unserer „globalisierten Welt“ 😉

Bertrand Arthur William Russell (b.1872 – d.1970) was a British philosopher, logician, essayist, and social critic, best known for his work in mathematical logic and analytic philosophy. His most influential contributions include his defense of logicism (the view that mathematics is in some important sense reducible to logic), and his theories of definite descriptions and logical atomism. Along with G.E. Moore, Russell is generally recognized as one of the founders of analytic philosophy. Along with Kurt Gödel, he is also regularly credited with being one of the two most important logicians of the twentieth century.

Over the course of his long career, Russell made significant contributions, not just to logic and philosophy, but to a broad range of other subjects including education, history, political theory and religious studies. In addition, many of his writings on a wide variety of topics in both the sciences and the humanities have influenced generations of general readers. After a life marked by controversy (including dismissals from both Trinity College, Cambridge, and City College, New York), Russell was awarded the Order of Merit in 1949 and the Nobel Prize for Literature in 1950. Also noted for his many spirited anti-war and anti-nuclear protests, Russell remained a prominent public figure until his death at the age of 97….weiter

Papst reingelegt? – NRZ strickt Legende

Papst-nicht lebensecht (Foto: junicks flickr)
Papst-nicht lebensecht (Foto: junicks flickr)

Während die Zweifel an der Amtsführung des Papstes wachsen, hilft die NRZ einen neuen Mythos zu erschaffen:

Der Papst ist unschuldig! Er wurde hereingelegt!

Oder in Worten der Tageszeitung selbst (Hervorhebungen von mir):

„Der Papst ist unschuldig. Man hat ihn hereingelegt.” Das ist der gemeinsame Nenner, auf den sich journalistische Nachforschungen, Indiskretionen und halbamtliche Stellungnahmen aus dem Vatikan bringen lassen – nach einer Woche Streit um die Rehabilitierung ultrakonservativer Bischöfe.

Liebe NRZ-Journalisten,

natürlich könnte es so sein, dass der Papst im Dunkel des Vatikans etwas nicht mitbekommen hat. Könnte! Konjunktiv. Aber Sie schreiben: Das ist der gemeinsame Nenner auf den sich journalistische Nachforschungen …. bringen lassen.

Sie verwenden den Indikativ. Sie sagen dem Leser, das es so ist, mit den höheren Weihen der „journalistischen Nachforschungen“ versehen.

Den Schuldigen präsentieren Sie dann auch noch, diesen 80-jährigen kolumbianischen Schlamper Castrillón Hoyos.

Jene Katholiken, die an die Unfehlbarkeit des Papstes glauben wollen, müssen, werden diese Botschaft des Artikels wie Honig aufsaugen und der NRZ auf ewig(?) dankbar sein. Der journalistischen Sorgfalt und Wahrhaftkeit haben sie keinen Dienst erwiesen.

Da titelt der Spiegel treffender: „Vatikan-Diplomaten kehren Benedikts Scherben zusammen„.

Hamburg-Winterhude: Eklat bei feierlicher Veranstaltung

Der Gemeindesaal der evangelischen Ephiphanienkirche war restlos belegt. Mehr als 70 Winterhuder, angefangen vom interessierten Schüler bis zum Zeitzeugen, saßen dicht gedrängt um die gedeckten Tische.

Die Epiphaniengemeinde, das Jarrestadt-Archiv und die AnwohnerInnen-Initiative Jarrestadt hatten zur Vorstellung der Stolperstein-Broschüre mit einer Lesung aus den Biographien der Opfer und einer Beamer-Show mit musikalischer Begleitung eingeladen.

Die 322 Seiten starke Broschüre, Stolpersteine in Winterhude – eine biographische Spurensuche beinhaltet das beeindruckende Ergebnis jahrelanger Recherchen von über 200 Personen. Dadurch entstanden mehr als 100 biographischen Beiträgen.

Die Begrüßungsworte sprach Pastorin Melanie Kirschstein. Andrea Krieger von der Anwohnerini moderierte die Veranstaltung.

Diese fand im Rahmen der Woche des Gedenkens anläßlich der Befreiung der Gefangenen des Vernichtungslagers Ausschwitz statt. In Hamburg hat sich diese Woche inzwischen zu einem ganzen „Monat des Gedenkens“ erweitert.

Die Autoren Björn Eggert und Ulrike Sparr stellten die Biografien von Paul Löwenthal und dem Ehepaar Werner und Erika Etter ausführlich vor.

Peter Hess, der das Projekt Stolpersteine in Hamburg koordiniert, gab Einblick in die Arbeit: von den ersten Recherchen bis zur Verlegung der Steine.

Der Künstler Gunter Demnig legt Wert darauf, dass er jeden Stein selber anfertigt und feierlich verlegt. Bei dieser Einsetzung der Steine sind die Angehörigen der Opfer, wenn möglich dabei. Sie reisen sogar aus Israel und den USA an. Die tiefe Bewegung der Angehörigen ist ein Hauptgrund, für Demnig weiterzumachen.

Für Peter Hess und Gunter Demnig, der das Projekt Stolpersteine ins Leben rief, hebt sich die Stadt Hamburg gegenüber anderen Städten heraus:

Das Interesse und die Anteilnahme der Hamburger am Schicksal, der Opfer sei groß. So sammeln Hausgemeinschaften Geld um den 95,-€ teuren Stoplerstein vor Ihrem Haus zu finanzieren, Angehörige wurden in die Wohnung gebeten um zu sehen wo ihre Verwandten gelebt hatten. Der Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg, Michael Neumann, verpflichtet seine Genossen dazu, eine Patenschaft zum Gedenken an während der NS-Zeit verfolgte Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zu übernehmen. Die Fraktionsabgeordneten stiften 45 Stolpersteine.

Nach dem Bericht von Peter Hess hatte das Publikum die Möglichkeit Fragen zu stellen. Hierbei bekam es ein Lehrstück der besonderen Art zu sehen.

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